Bilder des Alterns und des Alters in der Geschichte
Bilder des Alterns und des Alters in der Geschichte
In der Literatur und der Philosophie finden sich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder Zeugnisse über jeweils existierende Alterns- und Altersbilder. Bei ihnen ist auffallend, dass meist nicht nur deutlich positive oder ausschließlich negative Akzentuierungen mit jeweils wechselndem Gewicht zu finden sind, sondern stets - je nach kulturellem Hintergrund zwar unterschiedlich in Inhalt und Form - oft positiv und negativ getönte Bilder nebeneinander bestehen.Nicht selten beziehen sich die eher negativen Deutungen des Alters in den entsprechenden Bildern auf die Nähe des Alters zum Tod, auf Abbauprozesse geistiger und körperlicher Art und auf Hilflosigkeit im alltäglichen Leben. Die positiv strukturierten Bilder des Alterns und des Alters dagegen formulieren insbesondere den Erfahrungsvorsprung der älteren und alten im Vergleich zu den jüngeren Menschen. Dieser gibt jenen nicht selten die besondere Rolle eines “Führers“ oder eines “Lehrers“.
Positive und negative Einschätzungen des Alterns
Es kann festgestellt werden, dass sich dieses Nebeneinander von positiven und
negativen Einschätzungen des Alterns und der alten Menschen durch die ganze
Geschichte des Abendlandes bis zum Ende des letzten Jahrhunderts hinzog.
Allerdings gab es Zeiten, in denen das negative das positive Altersbild
zurückdrängte und solche, in denen es umgekehrt war. Dies hing offensichtlich
auch mit sozialen, gesellschaftlich-strukturellen, kulturellen und epochalen
Veränderungen zusammen.
In Hinblick auf diese Bedingungen
lässt sich gerade in der jüngeren Geschichte die Relativität des Alters anhand
der Betrachtung der Altersbilder verdeutlichen. Alter ist auch eine soziale
Kategorie, die im Verlauf der Geschichte und dem der gesellschaftlichen
Veränderungen, unterschiedliche Zuschreibungen erfahren hat und die sich je
nach sozialer Situation unterschiedlich zu strukturieren vermag. Die
Zuschreibungen von “außen“ klassifizieren auch die einzelnen alten Menschen in
der Wahrnehmung durch die Gesellschaft.
Als Altersbilder auf gesellschaftlicher
Ebene konstituieren sie die Selbstbilder auf der individuellen Ebene zu einem
erheblichen Teil. So gesehen können die persönlichen Bilder des Alters die
individuellen Realisationen kollektiver Altersbilder sein.
Das Ergebnis ethnologischer Untersuchungen zeigt ein ähnliches Bild, sie zeigen aber auch, dass die Existenz positiver Altersbilder nicht immer “automatisch“ zu besonderen und hochgeschätzten Rollen alter Menschen in den jeweiligen Gesellschaften führt.
Chronologisches Alter
Vielmehr müssen zum chronologischen Alter noch besondere
Merkmale kommen wie z. B. Abstammung, geistige Wachheit und besondere
Verdienste im Leben. Alte Menschen ohne diese besonderen Merkmale genießen zwar
den Respekt ihrer Familien und auch der Jüngeren, übernehmen jedoch keine
besonderen offiziellen und öffentlichen Funktionen.
Sie sind allerdings oft
Wahrer der Tradition und geben aus dieser Rolle heraus Ratschläge und
Anweisungen in vielen Fragen des Lebens.
Rosenmayr berichtet, dass in Afrika auch heute noch vielfach eine "Geontokratie" - eine Herrschaft der Alten - zu beobachten ist. Die alten Männer bestimmen dort in vielen Regionen maßgeblich die familiären und die öffentlichen Angelegenheiten sowohl in den Dörfern als auch in den Stadtquartieren.
Aber Rosenmayr führt auch aus: "Der Mensch gilt etwas auf
Grund der in seinem Lebenslauf erreichten Stellung".
Mit anderen Worten: Obwohl das Prinzip der Seniorität das soziale Leben von
Familien, Stämmen etc. maßgeblich mitgestaltet, sagt dies noch nicht schlüssig,
dass alle alten Menschen im gleichen Ausmaß eine besondere soziale Stellung
bekleiden. Allerdings bleiben sie in jedem Fall in ihre Familien, in denen man
ihnen mit Respekt begegnet, integriert.
Es scheint eine besondere Wertschätzung oder eine negative Sichtweise des Alters niemals auf einem in den jeweiligen Gesellschaften geltenden isolierten Prinzip zu beruhen, sondern stets mit der gesamten Struktur der Gesellschaft, ihrer Wirtschaft und Religion verwoben zu sein.